In dem mit Zedernholz vertäfelten Raum knieen vier Männer vor einem aus dem gleichen Holz gefertigten Altar. In die hintere Wand des Altars ist das Siegel des Salomon eingelassen, das auch als Davidstern bekannte Hexagramm, und darüber sind die Worte Diese Unternehmung wird von Erfolg gekrönt sein
zu lesen. Die linke Seite der Wand ist verziert mit eingeschnitzten Cherubim, um die sich Blumengewinde und Blüten ranken. An der rechten Seite hängt ein Fresko der Königin von Saba aus Äthiopien. Jene legendäre Königin, die einst König Salomon einen Besuch abgestattet und ihm dort drei Fragen gestellt haben soll. Als Wertschätzung überhäufte die Frau Salomon mit Geschenken, unter denen sich auch eine Smaragdschüssel befand.
Die Männer sprechen ein Gebet nach, welches ihnen von ihrem Superior vorgegeben wird: „Weil der Gottlose Übermut treibet, muss der Elende leiden. Sie hängen sich aneinander und erdenken böse Tücke. Denn siehe, die Gottlosen spannen den Bogen und legen ihre Pfeile auf die Sehnen, damit heimlich zu schießen die Frommen. Der Herr prüfe den Gerechten, seine Seele hasset den Gottlosen und die gerne freveln. Er wird regnen lassen über die Gottlosen Blitze, Feuer und Schwefel, und wird ihnen ein Wetter zu Lohn geben.“
In der Spätantike wäre für diese Männer die Bezeichnung Parabolani angewendet worden, am ehesten zu übersetzen als „die Schlächter Gottes“. So ist überliefert, dass die griechische Astronomin und Philosophin Hypatia von Alexandrien, die um das Jahr 400 nichtchristliche Philosophie lehrte, von einem Mob aus Laienbrüdern und Mönchen in eine Kirche gezerrt wurde. Dort kratzten sie ihr mit Muscheln das Fleisch von den Knochen und warfen die noch zuckenden Glieder ins Feuer.
Die vier Männer dort vor dem Altar sind bereit, für ihren Gott zu kämpfen und auch zu töten. Für den Einzigen und Wahren, den Schöpfer des Universums, und den Gestalter der irdischen Wirklichkeit.
Jesus Christus jedoch sehen sie nicht als den Erlöser an. Mit der christlichen Kirche haben schon vor Jahrhunderten ihre Vorgänger gebrochen. „Im Jahre 1307 verrieten die französische Krone und der Antichrist in Rom uns an den Teufel.“ Als Antichrist wird der Nachfolger von Petrus bezeichnet, jenem Jünger, der Jesus von Nazareth dreimal verleugnete, und den die römisch-katholische Kirche als ersten Bischof von Rom betitelte, und damit den Führungsanspruch des Papstes für die gesamte Christenheit sicherte.
Dem Glauben dieser Männer zufolge wird die Königin von Saba am Jüngsten Tage auferstehen, um über die Menschheit zu richten, so wie es im Evangelium von Matthäus und von Lukas zu lesen steht. Dies hat den dem Judentum, dem Islam und dem christlichen Glauben angehörigen Dreien ihr Prinzipal nahegebracht, der den Namen ‚Allmächtiger Baumeister Aller Welten‘ trägt.
Der so Genannte verlässt seine knieende Position und tritt zu dem auf einem Löwen nachgebildeten Stein stehenden, dunkelgrün schimmernden Behältnis. Es handelt sich um ebenjene Trinkschale, die die Besucherin aus Reicharabien dem Sohn Davids zum Geschenk machte. Sie war Bestandteil der Güter, die nach der Auflösung des Templerordens über Umwege in den Besitz des auf der Iberischen Halbinsel ansässigen Ritterordens von Montesa gelangte. Papst Clemens der Fünfte, der zu dieser Zeit seinen Sitz nach Avignon verlegt hatte, und der unter seinem Einfluss stehende König Philipp der Vierte, beschuldigten die Mitglieder des Ordens der Ketzerei und der Sodomie. Schwerwiegende Vergehen, die damals Verfolgung und Bestrafung mit dem Tod nach sich zogen.
Der Mann ergreift einen Zinnkelch, auf den das Tatzenkreuz und die Losung ‚in honorem novorum equitum‘ eingraviert ist, den Neuen Rittern zu Ehren, und taucht ihn in die in dem Smaragdgefäß befindliche tiefrote, fast schwarze Flüssigkeit. „Auf die, die zuvor für den wahren Glauben kämpften und auch starben. Ihr Blut führe uns zum Licht.“ „Ihr Blut führe uns zum Licht!“
Er hebt den Kelch mit beiden Händen haltend zum Mund, trinkt, wendet sich den anderen zu. Nacheinander erheben sie sich und trinken, bis der Kelch geleert ist. Ein weiteres Mal verneigen sie sich vor dem Bild der Königin, dann ist die Andacht beendet.
Auf den Bildschirmen zur rechten Seite des Altars können die Übertragungen von Fernsehsendern aus aller Welt verfolgt werden. Einige von ihnen zeigen Nachrichten. Hier marschieren Menschen auf, Fahnen mit religiösen oder auch faschistischen Symbolen schwenkend, dort sind Bilder von zerfetzten Leibern nach Terroranschlägen zu sehen. In einem weiteren Fernsehbild hocken verschleierte Frauen am Boden und schütteln klagend die Fäuste gen Himmel.
Die vier Männer stehen dort in dem fensterlosen Raum, sich bewußt, dass sie Teil eines weiteren Gotteskrieges sind, und dass das große Schlachten seinen Fortgang nehmen wird.