The Times, they are a-changin

Heute, am Montag Abend, haben nur wenige Gäste den Weg in Detes Feinschmeckerrestaurant gefunden. Es hat sich herumgesprochen, dass die Qualität nachgelassen haben soll, seit einer der Köche gekündigt hat. Auch war bei dem Chef die Luft raus, wie man so sagt. Kein Klönschnack mehr mit den Stammkunden, keine zotigen Sprüche beim Servieren des Grappa, das merkt man, und dann wird halt eine andere Lokalität aufgesucht. Ciao, Bello! Am Einzeltisch links vom Eingangsbereich sitzt noch ein Gast, der hatte sich was Einfaches bestellt, Nudelauflauf mit Lachs und Broccoli in Käse-Sahnesauce. Nun ist er dabei, seinen dritten Rotwein zu verköstigen, lauscht dabei der vom Band kommenden Musik, ein Mix, vom Sohn eines regelmäßig einkehrenden Paares zusammengestellt, wie Dete sagte. Die drei Angestellten haben vor einer halben Stunde Feierabend gemacht; der verbliebene Koch, die Serviererin, sowie die neu eingestellte Küchenkraft. „Und, DeeDee, hat´s geschmeckt?“ Ehrlich zufriedenes Nicken. „Und satt geworden bin ich auch.“ „Noch nen kleinen Absacker?“ „Ooch, da sag ich nicht nein.“ „Grappa?“ „Gerne.“ Der dort sitzende Mann ist ein paar Jahre älter als der Restaurantinhaber. Auf seinem vormals zu einer Glatze rasierten Kopf hat er nun Haare lang wachsen lassen. Der als DeeDee titulierte und Dete kennen sich noch aus den OSHO-Tagen. Dete war nur kurz dabei, verließ die Gruppe, als er Guiseppe, einen glutäugigen Italiener, kennenlernte, sich Hals über Kopf in ihn verliebte, und kurz darauf sich entschloss, das Restaurant zu übernehmen. Der Kontakt zwischen den Beiden blieb bestehen, und ab und an, wenn seine Zeit es zuließ, speiste DeeDee hier. Dete stellt das Glas auf den Tisch. „Wohl bekomm’s!“ „Was, Du trinkst keinen mit? Dete, was ist los? Einen auf die alten Zeiten: Avanti Ashanti!“ Dete muss lachen, schenkt für sich auch ein Glas ein, holt einen Stuhl an den Tisch, setzt sich dazu, beide trinken, Schlückchenweise, den Schnaps. „Willst Du´s mir sagen, wo der Schuh drückt?“ Dete sortiert seine Gedanken, bevor er antwortet. „Ernie der Koch hat aufgehört, weil er es irgendwann nicht mehr ertragen konnte, dass nicht aufgegessene Gerichte wieder zurückkamen. Irgendwann hat er sich im Speiseraum hingestellt und seiner Wut freien Raum gelassen, warum er all diese Gerichte kreiert, wenn die Hälfte davon im Abfalleimer landet.“ Dete lacht kurz auf. „Gee hat ihnen die Spitznamen verpasst, Ernie und Bert. Das hat mich am meisten geschmerzt, als sie nicht mehr wiedergekommen ist. Ich weiß bis heute nicht genau, warum…“ Er deutet auf die Schnapsgläser. „Noch einen?“, was von dem Gast nicht abgelehnt wird. Dete füllt ihre Gläser auf. „Auf uns.“ „Auf das Leben.“ Wieder wird der Gebrannte in kleinen Schlucken genossen, dann beginnt der Gast unvermittelt zu erzählen. „Es gibt da ein Antiquitätengeschäft, nur ein paar Straßen weiter, ganz in der Nähe…“ Dete hört gespannt zu, das interessiert ihn. „Es gehört meinem alten Herrn. Er wollte, dass ich es weiterführe, aber…“ Der Mann macht eine unbestimmte Handbewegung. „Meine Interessen sind da etwas anders gelagert.“ „Dein Vater ist doch nicht etwa…“ „Nein, nein! Es geht ihm gut. Aber er hat sich dazu entschieden, in den Ruhestand zu gehen, nach und nach alle Verpflichtungen abzugeben, sich nur noch der Rosenzucht und seiner Bibliothek zu widmen.“ Er lässt eine kurze Pause, dann „was meinst Du? Möchtest Du Dir den Laden mal anschauen?“ „Jetzt?“ Der Gast leert sein Schnapsglas, nickt. „Ja gut, machen wir uns auf den Weg…“

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Die Fortsetzung „Das Siegel des Salomon“ gibt es demnächst hier – oder vorab kostenfrei als pdf in ihrem Postfach. Schreiben Sie an factory27@web.de